Gedankenwelt Chinas
Heiner Jestrabek, Ji YaLi:
Die Wahrheit in den Tatsachen suchen 实事求是.
Aufklärung, Rationalismus und freies Denken in der chinesischen Philosophie
3. erweiterte Auflage 2019, 205 S. mit vielen Illustrationen, 15 €,
freiheitsbaum edition Spinoza ISBN 978-3-922589-50-1.
Bestellungen: eMail ed.spinoza@t-online.de
Ein Handbuch zur Geschichte der chinesischen Philosophie. 3. erweiterte und aktualisierte Auflage. - China boomt, bzw. nimmt nach den jahrhundertelangen Zurücksetzungen durch den Kolonialismus, wieder seine Stelle als größte Volkswirtschaft unserer Erde ein. Neben wirtschaftlichen Interessen wächst das Bedürfnis nach einem Verständnis der chinesischen Geisteswelt, einem Denken, das nahezu ein Viertel der Menschheit beeinflusst. In diesem Buch wird eine Einführung in die Geschichte der chinesischen Philosophien und Denkrichtungen vor dem Hintergrund der langen geschichtlichen Entwicklung gegeben und deren Wechselbeziehung zu den kulturellen, politischen und religiösen Strömungen dargestellt. - Philosophie aus Ostasien wird in Europa noch immer häufig mit „Spiritualität“ in Verbindung gebracht. Der vorliegende Streifzug durch die lange Geschichte Chinas und seine aufklärerischen Traditionen versucht deshalb rationale und diesseitige Strömungen des östlichen Denkens in den Mittelpunkt zu stellen. Wir begegnen hierbei zahlreichen Denkschulen im Reich der Mitte die rationalistische oder philosophisch-materialistische Ansätze verfolgten. Dabei handelt es sich um eigenständige Traditionen, die aus den Gegebenheiten der chinesischen Gesellschaft und den Positionen der traditionellen chinesischen Philosophie entstanden sind und nicht nur um einen „Import“ der europäischen Aufklärung. Selbst bei vom Ausland übernommenen Lehren, die in China sehr einflussreich wurden (Buddhismus aus Indien, Liberalismus und Marxismus aus Europa), erfuhren diese bei ihrer Transformation eine deutlich spürbare Sinisierung und Inhaltsverschiebung. - Dieses Buch unternimmt den Versuch, um Aufklärung bemühte Philosophen in kurzen biographischen Abrissen und in deren wichtigsten Aussagen, im Kontext ihrer Zeit darzustellen. Durch die Darstellung bislang in Europa viel zu wenig beachteter Denker (und einiger Denkerinnen) möchte es dazu beitragen, vorherrschende Klischeevorstellungen über die Gedankenwelt des „Fernen Ostens“ zu revidieren. Eine Einführung in die Geschichte der chinesischen Philosophien und Denkrichtungen.
Pressestimmen:
„Ein Nachschlagewerk. In historisch gegliederter Reihenfolge werden hier Basisinformationen zu wichtigen chinesischen Philosophen und ihren Hintergründen gegeben, jeweils gegliedert nach Leben, Lehre, Werk und teilweise auch noch Zitaten. … Es wird hier am Stoff des chinesischen Denkens klar nachvollziehbar, dass China nicht nur das Heimatland von allerlei pseudowissenschaftlichen Traditionen ist, wie sie gegenwärtig gerne im Namen der ‚Spiritualität‘ rezipiert werden, sondern dass China eine eigenständige Tradition der Aufklärung entwickelt hat.“
(Frieder O. Wolf in humanismus aktuell)
„Das Buch bildet ein äußerst gelungenes Kompendium, das nicht nur als Lexikon chinesischer Philosophen verwendet werden kann, sondern auch in prägnanter Form den historischen Kontext berücksichtigt sowie die ideengeschichtlichen Kontroversen und Bezugnahmen dieser Denker sichtbar macht. Es setzt in der Tat einen aufklärerischen Kontrapunkt zu den gängigen Chinoiserien.“
(Alexander v. Pechmann in WIDERSPRUCH Münchner Zeitschrift für Philosophie)
Rezension: Gedankenwelt Chinas als rationaler Gegenentwurf
Der Rezensent ist freidenkerischem und emanzipatorischem Denken gegenüber sehr aufgeschlossen, hat allerdings nur wenig Vorwissen von ostasiatischer Philosophie. Offensichtlich gehört er aber gerade deswegen zur Zielgruppe dieses Buches, das die Herausgeber derartig postulieren: „China boomt und neben wirtschaftlichen Interessen wächst das Bedürfnis nach einem Verständnis der chinesischen Geisteswelt, einem Denken, das nahezu ein Viertel der Menschheit beeinflusst. In diesem Buch wird eine Einführung in die Geschichte der chinesischen Philosophien und Denkrichtungen vor dem Hintergrund der langen geschichtlichen Entwicklung gegeben und deren Wechselbeziehung zu den kulturellen, politischen und religiösen Strömungen dargestellt.“ Da fragt man sich, warum solche Bücher nicht schon lang den Markt überschwemmen. Tatsächlich füllt es aber eine Lücke, denn Gesamtdarstellungen - von der Frühzeit bis in unsere Tage - über diese Thematik bietet der deutsche Buchmarkt bisher noch kaum.
Auch zielt die Stoßrichtig gleich mit aller Polemik und in aufklärerischer Intention gegen die esoterischen Konkurrenzideologien: „Philosophie aus Ostasien wird in Europa noch immer häufig mit ‚Spiritualität’ in Verbindung gebracht. Der westliche Buchmarkt ist regelrecht überschwemmt von Literatur, bei der eine jahrtausendealte Kultur reduziert wird, etwa auf religiösen Daoismus mit seinen zweifelhaften Lebensverlängerungs-Elixieren, pseudowissenschaftlichen Ausdeutungen von Feng Shui (‚Wind und Wasser’) bis hin zu Weissagungs-Orakeln aus dem [Buch] Yi Jing. Viele dieser Autoren nehmen die Leser mit auf einen Weg zu einer mystisch-spirituellen Überlieferung. Manche Titel versprechen dem Käufer sogar ‚Nie wieder müde’ zu werden, wenn man Qi gong, (‚Krafthauch’ und ‚Leistung’) nach deren Anleitung praktizieren würde. Unter Vermeidung rationaler Erklärungen werden so trivial-abergläubische Deutungen verkauft und suggerieren daraus Schlüsse auf das reale menschliche Alltagsleben.“ Unverkennbar ist der polemische Unterton des Freidenkers und populärwissenschaftlichen Publizisten Jestrabek, der für dieses Buch allerdings die Sinologin Yi Jali als Co-Autorin gewinnen konnte. Somit ist fachliche Kompetenz und Sachlichkeit gewährleistet. Wahrscheinlich kommen daher auch die für uns Europäer noch sehr ungewohnten Schreibweisen, von Kǒng FūZǐ für Konfuzius bis Zhōng guó „Reich der Mitte“ für China. Das ist weitgehend noch unüblich und gewöhnungsbedürftig, auch wenn es den Empfehlungen der offiziellen chinesischen Transkription der chinesischen Schrift Hanyu pinyin entspricht.
Der vorliegende Streifzug durch die lange Geschichte Chinas – mit vielen Abbildungen, allgemeingeschichtlichen und literaturhistorischen Einschüben – versucht so aufklärerische Traditionen rationaler und diesseitiger Strömungen des östlichen Denkens in den Mittelpunkt zu stellen. Die Leser begegnen hierbei zahlreichen Denkschulen im Reich der Mitte, die materialistische oder rationalistische Ansätze verfolgen. Und es wird mit einem Seitenhieb auf den Eurozentrismus betont, es handele sich „um eigenständige Traditionen, die aus den Gegebenheiten der chinesischen Gesellschaft und den Positionen der traditionellen chinesischen Philosophie entstanden“ seien und „nicht nur um einen ‚Import’ der europäischen Aufklärung“. Sogar bei vom Ausland übernommenen Lehren, die in China sehr einflussreich wurden (Buddhismus aus Indien, Liberalismus und Marxismus aus Europa), haben diese „bei ihrer Transformation eine deutlich spürbare Sinisierung und Inhaltsverschiebung“ erfahren.
Bemerkenswert sind durchaus die wiedergegebene originellen Gedanken des Kongfuzi (um 551-479 v.u.Z.): „Wo soll man so viel Zeit hernehmen, sich auch noch um Götter und Dämonen zu kümmern?“; solche des Wang Chong (27-97 u.Z.): „Natürliche Erscheinungen haben nichts mit dem Himmel und nichts mit dem Gott zu tun. - Wenn ein Mensch töricht ist, betet er eifrig um ein glückliches Schicksal.“; bis hin zu Lu Xun (1881-1936): „Da ihre Worte nicht mit ihren Taten übereinstimmten, machten sie sich nur unbeliebt. Wer die Pfaffen nicht mag, hasst auch ein pfäffisches Auftreten“ und der dem Buch titelgebenden Aufforderung des Deng Xiaoping (1904-1997): „Die Wahrheit in den Tatsachen suchen“.
Das Buch unternimmt also den Versuch, um „Aufklärung bemühte Philosophen in kurzen biographischen Abrissen und in deren wichtigsten Aussagen, im Kontext ihrer Zeit, darzustellen. Durch die Darstellung bislang in Europa viel zu wenig beachteter Denker (und einiger Denkerinnen) möchte es dazu beitragen, vorherrschende Klischeevorstellungen über die Gedankenwelt des ‚Fernen Ostens’ zu revidieren.“ Das scheint diesem Projekt durchaus gelungen zu sein.
Ralph Metzger
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